Antrag der CSU Fraktion
Stadt setzt im Kampf gegen Bodenspekulationen auf Erbbaurecht


Beschlussvorschlag:


Grundstücke, die für eine Wohnbebauung mit Einfamilien- und Doppelhäusern geeignet und im Eigentum der Stadt Gersthofen sind, sollen nur noch im Erbbaurecht auf 99 Jahre vergeben werden. Ein Grundstückverkauf findet in diesem Falle somit nicht mehr statt. Bei Mehrfamilienhäusern ist eine Vergabe im Erbbaurecht zu prüfen und im Einzelfall zu entscheiden. Das Erbbaurecht ist so auszugestalten, dass das Objekt nicht nur vererbbar, sondern auch für die Erbbauberechtigten optional verlängerbar ist. Im Falle eines Verkaufs durch die Stadt Gersthofen erhält der Erbbauberechtigte ein dingliches Vorkaufsrecht.


Begründung:

Wer sich bei den heute ständig steigenden Mietpreisen dafür entscheidet, lieber ein Eigenheim zu bauen, scheitert vor allem an den hohen Kosten für den Grundstückskauf sowie den immens gestiegenen Baukosten. Normalverdiener und junge Familien sind in der heutigen Zeit nicht mehr in der Lage, ein Bauprojekt bis zum Renteneintritt abzuzahlen, was eine Verschuldung bis in die zweite Generation zwingend mit sich bringt. Grund dafür sind die derzeitigen Grundstückspreise zwischen 750 und 1000 Euro pro Quadratmeter, aus denen sich für Grundstücke mit einer Durchschnittsgröße von 500 Quadratmetern ein voraussichtlicher Kaufpreis von über 400.000 Euro ergibt. Auf Grundlage dieses Antrags darf städtischer Grund zur Wohnbebauung im Rahmen einer Eigennutzung (EF, DHH) somit künftig nicht mehr an Investoren verkauft werden; die Grundstücke verbleiben im Eigentum der Stadt. Ob bei Eignung von Grundstücken für Mehrfamilienhäuser mit bis zu drei Wohneinheiten und Geschosswohnungsbau mit mehr als vier Wohneinheiten eine Vergabe im Erbbaurecht stattfindet, ist zu prüfen und im Einzelfall zu entscheiden. Ebenso gilt es abzuwägen, ob das Bauvorhaben über eine städtische Wohnungsbaugesellschaft oder die WBL abgewickelt werden kann.

Das Baurecht auf den genannten Grundstücken wird auf bestimmte Zeit (mindestens jedoch 99 Jahre) vergeben, wobei nach Ablauf dieser Zeit der Vertrag zwischen der Stadt als Grundstückseigentümerin und dem Erbbauberechtigten entweder verlängert werden kann oder der Baugrund an die Stadt zurückfällt.  Im Falle eines Verkaufs durch die Stadt Gersthofen, der aber vertraglich für eine gewisse Zeit auch ausgeschlossen werden kann, erhalten Erbbauberechtigte ein dingliches Vorkaufsrecht. Der Lebenszyklus eines Wohngebäudes beträgt bei regelmäßiger Instandhaltung bis zu 100 Jahre. Bei einer Laufzeit von 99 Jahren und einer Verlängerungsmöglichkeit würde dies bedeuten, dass nicht nur zwei Generationen in diesem Objekt leben könnten, sondern die finanzielle Last überschaubar wäre, da die erste Generation die Finanzierung abschließen und die zweite Geld für die Instandhaltung und Modernisierung investieren könnte.

Da der Grundstückskauf beim Erbbaurecht entfällt, sind für Erbbaurechtsnehmer die finanziellen Vorteile auf Jahrzehnte erheblich. Auch die Baunebenkosten fallen deutlich günstiger aus, was eine Finanzierung auch für Normalverdiener möglich macht. Als Erbbaurechtsgeber bleibt die Stadt Gersthofen Eigentümerin des Grundstücks und profitiert sowohl von einer langfristigen Rendite als auch von einer möglichen Wertsteigerung des Grundstücks.

Bei der Vergabe der Grundstücke sollte ein durchdachter Kriterienkatalog erarbeitet werden, nach dem entschieden werden kann, wer als Erbbauberechtigter in Frage kommt. So könnten junge Familien und Gersthofer Bürger und Bürgerinnen bevorzugt werden. Auch eine Einkommensobergrenze könnte bei der Vergabe festgelegt werden, wodurch die so wichtige soziale Komponente verwirklicht werden würde.

Da Gersthofen durch seine gute Verkehrsanbindung seit vielen Jahren Einzugsgebiet für München und damit Zielgebiet von gewerblichen Immobilienmaklern und Bodenspekulanten ist, kann das Instrument „Erbbaurecht“ hier als ein erprobtes Mittel zur Bekämpfung weiterer Preissteigerungen eingesetzt werden. Die Stadt Augsburg macht es vor und wir sollten als unmittelbarer Nachbar dem Beispiel folgen, denn Bauen und Wohnen sind mehr denn je zur sozialen Frage geworden. Ein Eingreifen der Politik ist hier dringend notwendig. Das Erbbaurecht sei dabei ein idealer Ansatz, um Bodenspekulationen vorzubeugen. Nicht zuletzt fordert die Bundes-SPD laut einer Berichterstattung der Augsburger Allgemeinen vom 3. Februar 2021, Bauland durch die Kommunen künftig in Erbpacht zu vergeben.