Altbürgermeister & Ehrenbürger

Karl J. Weiß

In Erinnerung:

Altbürgermeister und Ehrenbürger Karl J. Weiß

In der Gersthofer Nachkriegsgeschichte nimmt Karl J. Weiß als langjähriger Kommunalpolitiker mit seiner 17jährigen Tätigkeit als Bürgermeister und dazu noch 13 Jahre als Marktgemeinde- und Stadtrat, insgesamt also dreißig Jahre, eine besondere Stellung ein.

Am 17. März jährte sich der Geburtstag von Karl J. Weiß zum 100. Mal. Weiß wurde in Rain am Lech im Jahr 1922 geboren. Im Alter von acht Jahren kam er mit seinen Eltern nach Gersthofen. Weil er in Gersthofen die Schulbank gedrückt hat bezeichnete er sich immer als ein „echter Gersthofer“. Bei seinem Ausscheiden aus dem Stadtrat im Jahr 1990 wurde Weiß zum Altbürgermeister und zum Ehrenbürger ernannt. Er verstarb Im Alter von 80 Jahren im November 2002.

Bei seinem Einstieg in die Kommunalpolitik im Jahr 1960 war Karl J. Weiß als Finanzfachmann beruflich bei der Stadtsparkasse Augsburg als Leiter der Filiale am Oberhauser Bahnhof tätig.

Im dritten Anlauf zum Bürgermeister gewählt

Bei der Kommunalwahl im Jahr 1960 ging er im Alter von 38 Jahren für die Gersthofer CSU als Bürgermeisterkandidat gegen den amtierenden Bürgermeister Georg Wendler ins Rennen. Weiß verlor: Lediglich 15,4 Prozent der Gersthofer Wähler stimmten für ihn. Sechs Jahre später bei einer erneuten Niederlage gegen Wendler steigerte er sein Stimmenergebnis allerdings deutlich auf 39,9 Prozent.

Ein Jahr später im Jahr 1967 – Wendler trat aus gesundheitlichen Gründen zurück – schaffte Karl J. Weiß mit 54,9 Prozent gegen Benno Pfiffner (SPD) den Sprung auf den Bürgermeisterstuhl. Bei seiner letzten Wahl im Jahr 1978 stimmten dann 74,5 Prozent der Gersthofer Wähler überwältigend für ihn. In der Zeit von 1967 bis 1972 war er zunächst ehrenamtlich, dann ab der Wahl 1972 hauptberuflich als Bürgermeister im Amt.

Wichtige Weichen für eine erfolgreiche Stadtentwicklung gestellt

Die Liste der vielen Schritte für die Entwicklung Gersthofens mit einem schnellen Wachstum zu einer lebens- und liebenswerten Stadt in der Amtszeit von Karl J. Weiß in der Zeit von 1967 bis 1984 ist eine sehr lange. Wichtige Baumaßnahmen wie etwa die Hauptschule, die Dreifachturnhalle, das Hallenbad, die Umgestaltung des Rathausplatzes, das neue Wasserwerk-West, die B2 neu, die Festplatzverlagerung, die Errichtung des Paul-Klee-Gymnasiums durch den Landkreis Augsburg und eine neue Kläranlage sind nur einige Beispiele.
Umsichtige Eingemeindungen

Umsicht wird Weiß vor allem bei den Eingemeindungen von Hirblingen, Batzenhofen, Edenbergen und Rettenbergen bescheinigt. Er legte großen Wert darauf, dass diese Zusammenschlüsse freiwillig geschehen. An der gelungenen Integration dieser früheren selbstständigen Gemeinden hat Weiß einen maßgeblichen Anteil.


Die Verwirklichung der Ortsumgehung als Grundlage für eine dynamische Aufwärtsentwicklung

Besonders am Herzen lag ihm auch der Bau der Ortsumgehung, „damit der Ort an der alten B2 endlich wieder zusammenwachsen kann“, ließ er immer wieder verlauten. Seine Haltung bei der langwierigen Planung und Realisierung der B2 neu war konsequent. Dadurch wurde damals die zukunftsweisende Grundlage für die Entwicklung des Stadtkerns und der heute wieder aktuell anstehenden Innenstadtgestaltung geschaffen.

 
Stadterhebung und völkerverbindende Partnerschaft mit Nogent

Markantes Ereignis und ein bedeutsamer Schritt in die Zukunft war in seiner Amtszeit die Erhebung des Marktes Gersthofen zur Stadt und die 1000-Jahr-Feier im Juni 1969.

Gleichzeitig mit der Stadterhebung unternahm Gersthofen einen Schritt zur Völkerverständigung durch die Partnerschaft mit der französischen Stadt Nogent sur Oise im Jahr 1969.

Bei Bürgermeister Weiß spürte man den echten Willen zur Aussöhnung und Frieden zwischen den Völkern. Immer dann, wenn er sich in Gesprächen als einer aus der „verlorenen Generation“ bezeichnete, die zwischen den Kriegen aufgewachsen ist und das ganze Elend der unglücklichen Vergangenheit am eigenen Leib als junger Soldat zu verspüren bekam.



Eingemeindung nach Augsburg verhindert


Auch manch Unpopuläres fiel in die Amtszeit von Weiß. Besonderes Beispiel ist das schwerwiegende Problem, Anfang der 70er Jahre mit aller Kraft die im Rahmen der Gebietsreform drohende Eingemeindung nach Augsburg erfolgreich zu verhindern.  
Eintrag ins Golden Buch der Stadt Gesthofen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger im Jahr 1969 mit Bürgermeister Karl J. Weiß
Ein Förderer der Vereine und Freund von „Feschdlen“

Ein großes Ziel von Weiß war es immer die Stadt Gersthofen für den Bürger lebens- und liebenswerter zu machen und das notwendige Heimatgefühl zu vermitteln. Er war auch ein Förderer der Vereine und unterstützte deren Aktivitäten. Früher war er selbst Vorsitzender der Chorgemeinschaft Gersthofen und begeisterter Sänger, dessen Bassstimme sehr geschätzt wurde. Weil Menschen sich gerade bei Veranstaltungen näherkommen, liebte er Festivitäten. Scherzhaft wurde er deswegen auch gerne als „Feschdle-Bürgermeister“ bezeichnet.

Von seinen politischen Freunden wie auch Gegnern wurde Karl J. Weiß als Mann gekennzeichnet, der stets bemüht war die richtige Entscheidung zu treffen, auch manchmal über die eigene Partei hinweg
Wegen seiner bleibenden Verdienste zum Ehrenbürger ernannt

Bei der im April 1990 zuerkannten Verleihung der höchsten kommunalen Auszeichnung, die Ehrenbürgerwürde, würdigte der damalige Bürgermeister Siegfried Deffner in seiner Laudatio die Verdienste von Karl J. Weiß mit den Worten: „Karl Weiß hat sich während seiner 17jährigen Amtszeit als 1. Bürgermeister unserer Stadt bleibende Verdienste erworben. Die Ära Weiß war für unsere Stadt eine gute Zeit. Karl Weiß hat gezeigt, dass Politik und Menschlichkeit, hartes Ringen in der Sache und Gefühl keine unvereinbaren Gegensätze sind, sondern sich durchaus in einer Person vereinbaren lassen. Die Nachfolger von Karl Weiß im Amt werden sich an den hohen Maßstäben messen lassen, die er gesetzt hat“, so Siegfried Deffner.

Für den Landkreis Augsburg lange Zeit in politischer Verantwortung

Karl J. Weiß war in seinen 30 kommunalpolitischen Jahren auch 18 Jahre als Kreisrat in der Zeit von 1972 bis 1990 für den Landkreis Augsburg aktiv. Der damalige stellvertretende Landrat Max Strehle würdigte am 80. Geburtstag von Karl Weiß dessen Verdienste für den Landkreis eindrucksvoll mit den Worten: „Du hast nicht  Staub aufgewirbelt, sondern Spuren hinterlassen“.