Vom einfachen Handzettel bis zu „Social Media“

Zwischen der Öffentlichkeitsarbeit und den Wahlkampfaktivitäten von einst und heute liegen Welten. Dies gilt für die Parteien nicht nur für die Werbung bei den „großen Wahlen“. Auch für die kommunale Ebene trifft dies zu. Zu dieser Erkenntnis kommt der CSU-Ortsverband Gersthofen bei der Betrachtung ab seiner Gründung im Jahr 1946. Geändert haben sich gegenüber früher vor allem der Stil. Aber auch das Ausmaß bis hin zur sogenannten „Materialschlacht“. Auch der damit verbundene finanzielle Aufwand ist ein größerer geworden.

Umkehr: Jetzt klimaneutral statt früher in Hochglanz

Auch bei den Wählern hat sich die Einstellung und der Geschmack zum Produkt „Wahlwerbung“ geändert. So haben umweltfreundliche „klimaneutrale“ Druckerzeugnisse die frühere Hochglanz-Optik verdrängt. Die klassische Wahlwerbung in Briefkästen wurde mit dem „Keine Werbung“-Sticker stark eingeschränkt. Der „Online-Wahlkampf“ in den sozialen Netzwerken scheint die Zukunft zu sein, so die Vermutung. Oder, erleben Flugblätter und Postwurfsendungen im digitalen Zeitalter vielleicht doch wieder so eine Art Renaissance?


Von Anfang an sehr wichtig: Organisation, Information, Werbung

„Die Werbung ist für eine Partei unerlässlich, um die Bürger über die politischen Ziele zu informieren und um auch Wähler und Mitglieder zu gewinnen“. Auf diese Erkenntnis ist auch der CSU-Blitzstart im Jahr 1946 zurückzuführen. Die CSU-Gründer auf Landesebene maßen von der ersten Stunde den organisatorischen Fragen ein großes Gewicht bei. So war dem ersten Schreiben des „Vorbereitenden Ausschusses“ um die Jahreswende 1945/46 bereits ein „Merkblatt“ angefügt. In dieser Anleitung gab es konkrete Hinweise, „wie die Gründung der Partei auf örtlicher Ebene in den einzelnen Stadt- und Landkreisen vor sich zugehen hat“. Und Albert Kaifer, damals der erste vorläufige Geschäftsführer der Christlichen Union Augsburg, appellierte zum tatkräftigten Einsatz: „Helft alle mit, legt Hand an“.

Per Anordnung monatlich genehmigt:
1 Handzettel auf je 10 Personen – 1 Plakat auf je 100 Personen

Mit einfachsten Mitteln der Handzettel- und Plakatwerbung gestaltete der CSU-Ortsverband Gersthofen seine ersten Wahlkämpfe. Dabei bestand keine Gefahr, dass, so wie heute, die Briefkästen mit Druckerzeugnissen vollgestopft wurden. Auch eine Plakatflut war ausgeschlossen. Dafür sorgten die Behörden mit entsprechenden Verfügungen. So durften auf Weisung von jeder politischen Partei monatlich je nur „1 Handzettel auf je 10 Personen“ und an Plakaten monatlich je nur 1 auf 100 Personen im Zulassungsbereich herausgegeben werden.


Plakatständer im Lechkanal – 9 Mark für ein Zeitungsinserat

Aus alten Rechnungen ist zu entnehmen, dass im November 1946 ein von Wagnermeister Josef Müller gefertigter Plakatständer zu 7 Mark beschafft wurde. Frühere Zeitzeugen überlieferten, dass dieser für die 1. Landtagswahl im Dezember 1946 bestimmte Plakatständer nur kurz seinem Zweck diente und später dann im Lechkanal wieder „auftauchte“.  Plakate in der Größe von „42 x 60 cm, einseitig Schwarzdruck“, sowie Einladungen zu Versammlungen in einer geringen Auflage folgten. Erste Zeitungsanzeigen erschienen im „Gersthofer Anzeiger“ im August 1949. Die Inseraten-Quittung lautet auf 9 Mark für eine zweispaltige Anzeige.

Der gute alte Info-Stand mit Kugelschreiber und Luftballon

In der Zeit von höchstwissenschaftlicher Wahlforschung und Wählerumfragen werden vor allem die lokalen Wahlkämpfe aber nach wie vor auf Marktplätzen und Straßen ausgetragen. Das Gespräch mit den Bürgern wird an klassischen Informationsständen angeboten und geführt. Informationsmaterial, wie Kandidatenprospekte, Stadtpläne, Broschüren, aber auch mehr oder weniger witzige Werbeartikel gehören neben Würstchen, Freibier, Glühwein und Blumen ebenso dazu. 

 
Originelle Idee: Staubtuch als Wahlwerbung

Die persönliche Wahlwerbung der Kandidaten ergänzt sich in Hausbesuchen mit der Verteilung von Visitenkarten und kleinen Geschenken, sogenannte Giveaways. Notizblöcke, der immer noch gefragte Kugelschreiber, Luftballons und Flaschenheber sollen zu einem erfolgreichen Stimmenfang beitragen. Unvergessen bleibt zum Beispiel das legendäre Staubtuch-Geschenk des früheren CSU-Stadtrates Joseph „Toni“ Vöst. Das Staubtuch gelangte in mehreren Wahlkämpfen in die Gersthofer Haushalte.

Kandidaten mit persönlichem Wahlkampfeinsatz

Ganz ehrgeizige Kandidaten greifen, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern, schon mal kräftig in den Geldbeutel. Werbeagenturen werden beauftragt, um die richtige Werbelinie für einen Wahlerfolg zu finden. Beim mobilen „Wahlkampf mit PS“ kann man auf den Straßen mit Wahlkampfmotiven und Kandidatenporträts beklebte Autos fahren sehen.  Dazu grüßen von überdimensionalen bunten Werbeflächen die Kandidaten mit ihrem Konterfei. Immer mehr werden auch die „Sozialen Medien“ bevorzugt, um sich so mit deren Hilfe als Kandidat mit „Botschaften“ beim Nutzerkreis bekannt zu machen.

Für solche aufwändige und teure Wahlkampfaktivitäten greifen ambitionierte Kandidaten persönlich oft tief in die eigene Tasche. Aber auch der Ortsverband ist für die Aufbringung seiner Wahlkampfkosten selbst verantwortlich. Aufaddiert kommt man da bei einer Kommunalwahl schnell auf eine Summe in Höhe von hunderttausend Euro.

Kein Geld von der „Partei“ aus München

Eine vermeintliche finanzielle Unterstützung aus der Parteikasse der Landes-CSU gibt es für die vom Ortsverband und den Kandidaten initiierten Kampagnen allerdings nicht. Genauso, wie auch schon bei der Gründung im Jahr 1946. Im Gegenteil. Im Mai 1948 verlangte die Landkreis-CSU vom Gersthofer Ortsverband eine „Aufbauspende“ in Höhe von einhundert Mark.